Neozoen und Neophyten

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    • Neozoen und Neophyten

      Im Thema „Halbseiter oder gescheckt?“ vom Berndt76287 sind wir ganz schön vom Thema abgedriftet. :hihi:
      Ich denke das ist aber gar nicht so schlecht, weil sich dort gezeigt hat dass Neobiota-Thema
      ganz interessant ist.
      Ich selber bin immer wieder im Internet auf der Suche nach neuen Neozoen oder Neophyten,
      ich finde die Problematik ist sehr komplex und nicht einfach, aber auf jeden Fall spannend, spannend wie sich das Tier oder die Pflanze anpassen kann,
      wie schnell oder wie intelligent die Natur ist,
      das zeigt uns wie einfach das ist die verschiedenen Lebewesen in der Fremde auszusetzen und wie schwer oder fast unmöglich ist das wieder rückgängig zu machen.
      Das beste Beispiel sind die unzähligen Halsbandsitiche die über meinem Garten fliegen und die ganze heimische Vogelwelt verunsichert.
      Vielleicht habt Ihr selber schon welche von den verschiedensten Exoten zur Gesicht bekommen.
      Wenn ja, dann schreibt bitte……..

      Hier eine sehr gute Zusammefassung der freilebenden exotischen Vogelarten in Deutschland
      unter dem Titel:



      Nichtheimische Vogelarten (Neozoen) in Deutschland,
      Teil I: Auftreten, Bestände und Status

      vom: Hans-Günther Bauer & Friederike Woog

      Link:
      do-g.de/fileadmin/do-g_dokumen…eozoen_in_Deutschland.pdf

      MfG Eddy
    • Ja, die Problematik mit Neozoen ist ein recht komplexes Thema und zeigt in meinen Augen nur allzu häufig die Arroganz der Menschen... Ich hatte mich mit dem Thema der weltweiten Verbreitung von Reisfink und Tigerfink durch den Menschen beschäftigt, ist aber nicht veröffentlicht, also copy'n'paste ich ein paar Abschnitte zum Lesen, wünsche viel Spaß!

      Einleitung - Invasive Arten

      Die Verschleppung von Tier- und Pflanzenarten durch den Menschen über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus und über biogeographische Barrieren hinweg erfolgt seit vielen Tausend Jahren (Leavesley 2005, Hulme 2009). Innerhalb dieser biogeographischen Barrieren entstandene und bis an sie heran natürlich vorkommende Arten betrachtet man als endemisch und dieses Gebiet als ihr natürliches Verbreitungsgebiet (Blackburn et al. 2009). Für nicht-natürlich vorkommende Arten gibt es mehrere Bezeichnungen (z.B. im angloamerikanischen Raum non-native, non-endemic, exotic, alien, introduced, invasive species oder Neozoon im Deutschen), die meist synonym verwendet werden, deren Bedeutung jedoch variieren kann (Falk-Petersen et al. 2006, Lockwood et al. 2007). In der nachfolgenden Arbeit wird meist der Begriff "invasive Art" verwendet.
      Um als invasiv zu gelten, hat eine Art mehrere Schritte weg von einer Spezies mit rein-nativer Verbreitung absolviert und sich selbst erhaltende Populationen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes etabliert, die wachsen und expandieren können. Die genaue Anzahl der Schritte und deren Einteilungen ist umstritten, die wichtigsten sind jedoch nach (Duncan et al. 2003, Sol et al. 2005):
      1. Transport in ein anderes Gebiet (Import)
      2. Einführung in das dortige Ökosystem (Einführung)
      3. Aufbau einer Population ( Etablierung)
      4. Verbreitung aus dem direkten Gebiet der Einführung hinaus (invasive Art)
      Die Gründe, unterschiedliche Tier- und gerade Vogelarten in fremde Regionen der Welt einzubringen, sind vielfältig und nicht auf spezielle Kulturen oder Epochen beschränkt. Vögel bieten hierfür eine ideale Studiengrundlage. Neben detaillierten Kenntnissen über Biologie und Ökologie vieler Arten sind auch historische Aufzeichnungen vorhanden. Über die rezente Verbreitung gibt es für viele Arten qualitativ und quantitativ hochwertige Daten (Blackburn et al. 2009).
      Die frühesten Funde von nicht endemischen Tieren, wie dem Grauen Kuskus Phalanger orientalis auf Neuirland im Bismarck-Archipel vor 19.000 Jahren, könnten auf eine Mitnahme dieser Tiere als Nahrungsquelle schließen lassen (Leavesley 2005). Die ältesten bekannten Funde von in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln reichen in die Steinzeit zurück und beziehen sich auf Taxa, die noch heute auf dem menschlichen Speiseplan zu finden sind, zu denen unsere heutigen Gänse, Hühner und Tauben zählen (Long 1981, West & Zhou 1989). Auch Haushühner, die durch Domestikation des Bankivahuhns Gallus gallus in Südostasien entstanden sind, wurden bereits vor ca. 8.000 Jahren bis in den Norden Chinas transportiert (West & Zhou 1989).
      Nicht nur als Nahrungsquelle, auch direkt als Handelsgut wurden Vögel exportiert. So stellten die Federn mancher prächtiger, tropischer Vogelarten Zahlungsmittel, Zeremonialobjekte und Statussymbole dar (Haeming 1978), und man fand Federn etwa des Hellroten Aras Ara macao Hunderte Kilometer nördlich seines eigentlichen Verbreitungsgebietes (Minnis et al. 1993). In geschichtlichen Texten, zum Beispiel des Benediktinermönches Bernard de Sahangún (1577), wird von gezielten Auswilderungen zum Aufbau eigener Populationen von Dohlengrackeln Quiscalus mexicanus im Hochland Mexikos berichtet (Haeming 1978).
      Sogenannte "Acclimatisation Societies" beschäftigten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Etablierung von Sport- (Jagd-) Tieren oder aber mit der Einbringung von Arten aus nostalgischen oder ästhetischen Gründen, später eher mit Arten zur biologischen Schädlingsbekämpfung (von Haast 1948) . So wurden aus Asien stammende Goldfasane Chrysolophus pictus und Silberfasane Gennaeus nycthemerus zur Jagd in Europa (Long 1981) und die Nachtigall Luscinia megarhynchos, die europäische Siedler an ihre Heimat erinnerten, in Neuseeland (McDowall 1994) eingeführt. Truthahngeier Cathartes aura wurden als Aasfresser zur Müllbeseitigung auf Puerto Rico eingeschleppt (Lever 2005). Trauerschwäne Cygnus atratus wurden zur Dezimierung der invasiven Brunnenkresse Nasturticum officinale in Neuseeland eingeführt, weil man in der Pflanze eine mögliche Behinderung für die angestrebte Etablierung der Forelle Salmo trutta sah (McDowall 1994).
      Vorsätzliche Freilassungen müssen nicht immer gezielte Auswilderungen als Hintergrund haben. Gerade in östlichen und südöstlichen Ländern buddhistischer oder taoistischer Kultur findet man häufig in der Wildnis gefangene Tiere zum Verkauf in der Nähe von Tempelanlagen, denn in diesen Kulturkreisen bedeutet das Freilassen gefangener Lebewesen eine gute Tat und sorgt für ein gutes Karma und ewiges Leben auf der einen und eine sichere Geschäftsmöglichkeit auf der anderen Seite (Blackburn et al. 2009). Auf der Insel Taiwan beispielsweise werden aus diesen Gründen jährlich ca. 6 Mio. US-Dollar für rund 200 Mio. gefangene Wildtiere ausgegeben (Agoramoorthy et al. 2007), darunter knapp 70.000 Vögel, von denen 6 % nicht einheimisch sind (Severinghaus et al. 1999). Von diesen sind einige Arten bereits etablierte Brutvögel und können als invasiv betrachtet werden (Agoramoorthy et al. 2007).
      Darüber hinaus entweichen immer wieder Vögel beim Transport im Rahmen des legalen und illegalen internationalen Vogelhandels (Blackburn et al. 2009). Eingeschleppte Arten, ob vorsätzlich, versehentlich oder unwissentlich in die Freiheit entlassen, können in ihren neuen Verbreitungsgebieten massive Auswirkungen auf die einheimischen Ökosysteme haben. Neben mutualistischen Effekten stellen negative Auswirkungen, zum Beispiel durch Konkurrenz mit heimischen Arten, eine ernstzunehmende Bedrohung der autochthonen Fauna dar
      (Mack et al. 2000). Manche Arten, die als biologische Schädlingsbekämpfungsmaßnahme in fremde Ökosysteme eingeführt wurden, haben sich derart gut etabliert, daß sie nach kurzer Zeit die dominierende Art der dortigen Avifauna darstellen, wie beim Schwefeltyrann
      Pitangus sulphuratus auf den Bermuda-Inseln (Lever 2005). Im Falle der auf dem indischen Subkontinent heimischen Glanzkrähe Corvus splendens ist diese invasive Art zu einem gravierenden Schädling für die Landwirtschaft und einheimische Vogelarten geworden, deren Dezimierung diskutiert wird (Long 1981).
      Zunehmender Transport, Verkehr und andere Effekte der Globalisierung haben in jüngerer Zeit zu einer noch rascheren Ausbreitung zahlreicher invasiver Vogelarten geführt (Mack et al. 2000, Hulme 2009). Gerade aus freier Wildbahn entnommene, importierte Vögel zeichnen sich hierbei als erfolgreichere Invasoren gegenüber in Gefangenschaft vermehrten Arten aus (Carrete & Tella 2008). Mittlerweile gibt es auf über der Hälfte
      der Landmasse der Erde mindestens eine invasive Vogelart (s. Abb. 1) (Blackburn et al. 2009).
    • Einleitung - Invasive Prachtfinken

      Die 8,5 bis 17 cm kleinen, durch Farbenpracht, Gesang und Sozialverhalten interessanten Prachtfinken haben schon früh die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen. Sie wurden zu beliebten Käfig- und Volierenvögeln und in Folge dessen über die ganze Welt verbreitet, wo sie vielerorts in die Freiheit entkamen, auch in der Neuen Welt (Nicolai & Steinbacher 2007, Ahmed 2008). Reisfink, Tigerfink und viele andere Prachtfinken sind somit dank dem Menschen längst über die Grenzen ihres natürlichen Vorkommens hinaus in der Welt zu finden.
      Hier ist ihr Erscheinen selten positiv, bedeutet es doch immer einen Eingriff in ein vorhandenes Ökosystem. Neben ökologischen Gesichtspunkten ist eine Untersuchung ihres Ausbreitungspotentials wichtig für die Ermittlung von Risikogebieten. Denn granivore Singvögel, wie die beiden in dieser Arbeit behandelten Arten, können über Schäden an der autochthonen Fauna hinaus wirtschaftliche Schäden im Agrarsektor verursachen (Bruggers et al. 1981).
      Prachtfinken unterscheiden sich in Herkunft, Lebensweise und Beliebtheit im Vogelhandel. Zu den beliebteren Arten gehört zum Beispiel der gut untersuchte Wellenastrild Estrilda astrild. Dieser ist eine weitverbreitete, afrikanische Prachtfinkenart mit einer Vielzahl von Unterarten. E. astrild wurde durch den Handel, vornehmlich im 19. Jahrhundert, in viele Teile der Welt exportiert, und ist heute in Tropen und Subtropen fast global invasiv (Stiels, et al. 2010 eingereicht).
      Auch Reisfinken und Tigerfinken sind seit langem in Gefangenschaft zu finden und heute vielerorts invasiv (Watling 1982, Nicolai & Steinbacher 2001, Nicolai & Steinbacher 2007, Bielfeld 2008). Diese beiden Modell-Arten unterscheiden sich jedoch in der Größe ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete:
      Auf der einen Seite ist der Reisfink L. oryzivora eine isolierte Inselart mit einem kleinen und gleichförmigen natürlichen Verbreitungsgebiet. In diesem haben sich keine Unterarten herausgebildet. Der nächste Verwandte ist die Schwester-Art L.fuscata auf der nicht benachbarten Insel Timor, ebenfalls ohne Unterarten.
      Der Tigerfink A. amandava auf der anderen Seite besiedelt ein sehr großes und unter anderem klimatisch unterschiedliches, natürliches Verbreitungsgebiet, in dem es zur Bildung von drei Unterarten gekommen ist (A.a.amandava, A.a.punicea, A.a.flavidiventris).

      Einleitung - Invasive Prachtfinken - Reisfink - Verbreitungsgebiet

      Reisfinken leben natürlicherweise nur auf der indonesischen Insel Java und einigen umliegenden, kleineren Inseln im östlichsten Teil der Orientalis, direkt westlich der Wallace-Linie, der biogeographischen Barriere zur Australis.
      Invasive Populationen von Reisfinken sind heute weltweit verbreitet. Mit den an das natürliche Verbreitungsgebiet anschließenden Regionen sind Reisfinken heute lokal in allen Gebieten des südostasiatischen Raumes zu finden, auf Borneo und in anderen Teilen Indonesiens und Malaysias sowie in Singapur, auf den Philippinen und den Weihnachtsinseln. Östlich davon gibt es Populationen auf den Inseln von Fiji und Tonga, auf den Kokos-Inseln und Samoa, wie auch auf den hawaiianischen Inseln.
      Die nördlichsten Ausbreitungen im ostasiatischen Raum erstrecken sich bis nach Japan und in das chinesische Küstengebiet. Populationen sind ferner nachgewiesen in weiteren Teilen Chinas und auf Taiwan, in Süd-Vietnam, Kambodscha und zentralen und südlichen Teilen von Thailand sowie sehr lokal in Teilen Indiens und auf Sri Lanka. In der Afrotropis sind Reisfinken in Kenia, auf den Inseln Pemba und Sansibar sowie an der gegenüberliegenden Küste Tansanias, auf Saint Helena und den Seychellen invasiv. Invasive Reisfinken gibt es auch in der Neotropis, so z.B. auf vielen karibischen Inseln, im nordamerikanischen (aber je nach Definition noch neotropischen) Florida und auf einigen vorgelagerten Inseln. Auf dem südamerikanischen Kontinent gibt es lokale Vorkommen in Venezuela.

      Einleitung - Invasive Prachtfinken - Tigerfink - Verbreitungsgebiet

      Tigerfinken kommen natürlicherweise in weiten Teilen des süd- und südöstlichen Asiens vor. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich dabei über fast alle Teile der südöstlichen Orientalis. Großräumige biogeographische Barrieren stellen die westlich entlang des Indus-Tieflandes durch Pakistan verlaufenden, hohen Gebirgsketten der Suleiman-, Brahui- und Kirthargebirge sowie das im Norden in Ost-West-Richtung verlaufende Himalaya-Massiv und die angrenzenden Meere dar.
      Innerhalb dieser Grenzen erstreckt sich die Verbreitung von der östlichen Hälfte Pakistans über Indien bis ins südliche Nepal hinein, durch Bangladesch und Myanmar bis hinein nach Südchina und bis in den Norden von Vietnam und Laos. Deutlich disjunkt sind die östlicher gelegenen Vorkommen auf der chinesischen Insel Hainan. Ebenfalls disjunkt liegen weiter südlich zwei Teilbereiche des Verbreitungsgebietes: Nordöstlich am Golf von Thailand wird der Süden Vietnams, Kambodschas und Zentral-Thailands besiedelt, zudem die indonesischen Inseln von Java bis Timor. Letzteres Teilgebiet reicht über die Wallace-Linie bis in die Australis hinein.
      Tigerfinken konnten weltweite invasive Populationen aufbauen und sind mittlerweile auf fast allen Erdteilen vertreten. Nicht-natürliche Populationen gibt es in Hongkong, auf einigen Inseln der Philippinen und auf der indonesischen Insel Sumatra und in Ozeanien auf den Inseln Vanuatu, Fiji und auf den hawaiianischen Inseln. Sogar im nordöstlichen Japan sind Tigerfinken invasiv. Im Westen bilden die Maskarenen sowie Bahrain, das israelische Eilat, das zu den Vereinigten Arabischen Emiraten gehörende Dubai und das saudi-arabische Riyadh den Anschluß zum afrikanischen invasiven Verbreitungsgebiet. Dort sind Tigerfinken in Ägypten und auf den Kanarischen Inseln invasiv. Mit dem portugiesischen Madeira, Portugal, Spanien und Italien besiedeln sie auch das Mittelmeergebiet und Teile Makaronesiens. Weiterhin sind Tigerfinken in der Neotropis invasiv, hier insbesondere auf vielen karibischen Inseln.
    • Diskussion invasiver Arten

      - Entstehung invasiver Populationen

      Die Invasion einer Art in ein neues Gebiet muß als mehrstufiger, aufeinander aufbauender Prozeß betrachtet werden (Duncan et al. 2003, Sol, et al. 2005). Die ersten Schritte hierbei, Transport aus dem natürlichen Lebensraum und Einführung in neue Gebiete, müssen auf Artniveau betrachtet werden, denn die Reaktionen auf die Bedingungen während dieses Prozesses sind artabhängig: die Entnahme aus der Natur, das Überleben in Gefangenschaft und das Entkommen unter geeigneten Voraussetzungen in neue Freiheit (Blackburn et al. 2009). Prachtfinken haben hierfür sehr gute Voraussetzungen, da sie vom Menschen als Haustiere häufig legal wie auch illegal der Natur entnommen und über den Vogelhandel weltweit in größerer Individuenzahl exportiert werden (Steinbacher & Wolters 1965, Immelmann et al. 1977, Higgins et al. 2006, Ahmed 2008). Die folgenden Schritte, Etablierung und Ausbreitung, müssen hingegen auf Populationsebene betrachtet werden (Blackburn et al. 2009). Ob eine Population nach ihrer Etablierung im neuen Gebiet an Größe zunimmt und expandiert, ist von diversen Faktoren in diesem Gebiet abhängig, zu denen u.a. das Nahrungsangebot, Prädation, Brutmöglichkeit und Territorialverhalten zählen (Newton 2003).
      Da diese Ereigniskette Schwankungen unterliegt, entsteht nicht aus jeder Verschleppung eine invasive Population. Es gibt verschiedene Faktoren, wie die Zusammensetzung der Gründerindividuen (Alter, Geschlecht, Anzahl) und weitere biotische und abiotische Einflüsse, die sich auch zwischen zwei Einschleppungsereignissen ändern können (Blackburn et al. 2009). Dies kann zu unterschiedlicher Invasivität einer Art führen, so daß einmal eine invasive Population entsteht, das nächste Mal jedoch keine Ansiedlung erfolgt, wenn die Art wiederholt die Möglichkeit zum Aufbau einer nicht-einheimischen Population erhält, wie das Beispiel des Stars Sturnus vulgaris in New York zeigt (Wood 1924).
      Manchmal hat eine ausbleibende Etablierung auch andere, in der Modellierung auf Grundlage klimatischer Prädiktorvariablen nicht berücksichtigte, biotische Gründe. Invasive Populationen sind in vielen Teilen der Welt, außerhalb des klimatischen Raumes ihres natürlichen Verbreitungsgebietes, einer Änderung der sie beeinflussenden biotischen Faktoren in Form von Konkurrenz um Ressourcen und Prädation ausgesetzt. So wurde der Reisfink beispielsweise auf Jamaika, Saint Helena, den Seychellen und Guam eingeführt. Eine Etablierung auf Jamaika und Guam schlug fehl, die Art konnte dort nicht mehr nachgewiesen werden (Pratt et al. 1987, Restall 1996, Lever 2005). Auch auf Saint Helena und den Seychellen wurde ein Rückgang verzeichnet, der mit einem Rückgang des landwirtschaftlichen Getreideanbaus in Zusammenhang gebracht werden konnte (Lever 1987), die Populationen des vormals dort häufigen Reisfink bestehen jedoch weiterhin (Higgins et al. 2006, africanbirdclub.org).
      Invasive Populationen unterscheiden sich häufig deutlich von den natürlichen Populationen. So weisen sie durch die meist verhältnismäßig geringe Anzahl an invasiven Individuen einen limitierten Genpool auf und sind anderen Selektionsdrücken ausgesetzt. Dadurch kann es durch Gründereffekt und Selektion zur genetischen Entfernung von der ursprünglichen Art kommen (Gallien et al. 2010). Bei Zebrafinken Taeniopygia guttata, einer nicht invasiven, aber häufig von Züchtern und in Forschungseinrichtungen gehaltenen Prachtfinkenart, konnte bereits eine genetische Differenzierung zwischen natürlichen Populationen und in Gefangenschaft gehaltenen Populationen nachgewiesen werden, die unterschiedlich lange gehalten und gezüchtet wurden (Forstmeier et al. 2007).

      - Einfluß invasiver Populationen

      Tigerfinken werden im Gegensatz zum Reisfinken (Long 1981) nicht als Schädling für Feldfrüchte eingestuft (Lever 2005) Dennoch sind Beeinflussungen des neu besiedelten Ökosystems durch sie möglich (Lever 2005).
      Neben Schädlingen für die Landwirtschaft können invasive Arten eine ernste Bedrohung für einheimische Arten darstellen. So wurden durch die Einführung der Braunen Nachtbaumnatter Boiga irregularis, einer der 100 schlimmsten Neozoen weltweit (Lowe et al. 2000), einheimische Reptilien-, Säuger- und Vogelarten auf Guam stark dezimiert, acht von elf endemischen Vogelarten sogar ausgerottet (Rödder et al. 2010). Ein solcher Einfluß ist in der Geschichte der invasiven Vögel nicht dokumentiert (Blackburn et al. 2009) und von granivoren Prachtfinken nicht zu erwarten. Einen wahrscheinlicheren Einfluß haben invasive Arten auf näher verwandte Taxa. Mit diesen können sie aufgrund von ähnlichen Habitatansprüchen in Konkurrenz stehen, wie der Tigerfink auf Gouadeloupe mit dem dort einheimischen Schwarzgesichtchen Tiaris bicolor aus der Familie der Ammern (Emberizidae) (Lever 2005). Eine andere Art der Beeinflussung stellt die Gefahr der Hybridisierung mit anderen Arten dar (Hall et al. 2006). Prachtfinken unterscheiden sich in Aussehen und Balzverhalten, was unter natürlichen Bedingungen Hybridisierungen verhindert (Nicolai, et al. 2007). Eine wirksame Fortpflanzungsbarriere bilden allerdings für nahe verwandte Prachtfinken biogeographische Barrieren. Bei deren Wegfallen durch anthropogene Eingriffe entstehen sowohl in Gefangenschaft als auch im Freiland Hybridformen: Der zeitweise in Südafrika eingeführte Tigerfink hybridisierte dort mit dem einheimischen Goldbrüstchen A. subflava (Immelmann et al. 1977), welches in Gefangenschaft mit der dritten Art der Gattung Amandava, dem Olivgrünen Astrild A. formosa, Hybriden bildet (Abb. 32). In Gefangenschaft hybridisierbar sind Reisfinken L. oryzivora mit ihrer Schwesterart, den Timor-Reisfinken L. fuscata (timor-sparrow.net). Die gleichfalls aus der Australis stammenden Braunbrustnonnen L. castaneothorax, die als genetisches Bindeglied der ehemaligen Gruppe Padda (und dort L. fuscata) zu den Lonchura -Arten angesehen werden könnte (Goodwin 1982, Baptista et al. 1999), sind genauso wie die ebenfalls in der Australis beheimatete, jedoch der Unterfamilie der Poephilinae angehörende Diamantamadine Stagonopleura guttata mit dem Reisfink hybridisierbar (vanMingeroet 2002) (Abb. 33). Manche der Hybriden innerhalb und zwischen den Gattungen der Estrildidae sind fertil und besitzen somit das Potential, Erbgut einer Art erfolgreich in den Genpool einer fremden Art einzubringen (Immelmann et al. 1977).
      Hybridisierung mit anderen Arten verändert grundsätzlich den Genotyp, fast in allen Fällen jedoch auch den Phänotyp der Art nachhaltig, wie sich beispielsweise an Darwinfinken nachweisen ließ (Grant & Grant 1993). Die Hybridisierung unter ihnen läßt sich auf die indirekten Auswirkungen des Klimaereignisses El Niño zurückführen, insbesondere auf Auswirkungen auf das Nahrungsvorkommen als biotische Faktoren (Grant & Grant 1993). Hybridisierungen haben besonders große Auswirkungen bei Arten mit kleinen Populationen, die dadurch allein schon als bedroht eingestuft werden, wie der Timor-Reisfink. Sein natürliches Verbreitungsgebiet beträgt mit ca. 25.000 km² lediglich ein Viertel von dem des Reisfinken, er ist somit als „gefährdet“ eingestuft („vulnerable“ auf der Roten Liste der IUCN der weltweit bedrohten Tierarten, BirdLife International 2010).
    • Ausgezeichnete Arbeit :thumbsup:
      An manchen Stellen Deiner Zusammenfassung der Fakten bekommt man ne „Gänsehaut“
      Ja, der Mensch hat schon einiges verändert an dem Lauf der Dinge und das schlimmste ist dass er sich weiterhin am Aufträten neue Spezies spürbar und sichtbar beteiligt.
      Mal schauen wo die „Reise“ endet!
      MfG Eddy