Ankündigung Vererbung der Kopffarben bei Gouldamadinen

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  • Vererbung der Kopffarben bei Gouldamadinen

    Die Gouldamadine (Chloebia gouldiae) zählt bei den Prachtfinkenhaltern wohl zu einer der beliebtesten Vogelart. Ihre Farbenpracht, ihr interessantes Verhalten und die relativ leichte Züchtbarkeit geben dabei den Ausschlag. Es gibt aber noch viele Wissenslücken und zahrlreiche Fragen sind noch offen. Dr. Claudia Mettke-Hoffmann versucht in diesem Beitrag eine dieser Fragen zu beantworten: Welches Modell ist bei der Vererbung der Kopffarben das Wahrschinlichste?


    Teil 1

    Bei kaum einer Vogelart sind die Meinungen der Prachtfinken-Liebhaber so verschieden wie bei der Gouldamadine: Für die einen ist sie der Prachtfink schlechthin, der alle faszinierenden Eigenschaften wie die schillernde Farbenpracht, das interessante Verhalten und relativ leichte Züchtbarkeit in einer Vogelart vereinigt, für die anderen ist sie ein eher langweiliger uninteressanter Vertreter, der lediglich durch seine nahezu kitschige Farbenpracht zu blenden vermag. Zwischen diesen beiden Extremmeinungen ist reichlich Raum für alle Abstufungen der Zu- oder Abneigung. Schenkt man den Nachzuchtstatistiken der verschiedenen Liebhabervereinigungen Glauben, schlägt das Pendel inzwischen immer mehr – zumindest was die Anzahl Nachzuchten anbelangt – zu Gunsten der Gouldamadine aus. Sie dürfte inzwischen nach dem Zebrafinken die zweithäufigste Prachtfinkenart in Liebhaberhand sein.


    [IMG]http://img696.imageshack.us/img696/3045/skhp.jpg[/IMG]Adultes Männchen


    Immer wieder Verwirrung bei der Vererbung der Koppfarben
    Um so verwunderlicher sind die Wissenslücken, die bei dieser Art existieren, nicht zuletzt sorgt die Vererbung der verschiedenen im Freiland vorkommenden Farbmorphen regelmäßig für Verwirrung. Während bei Zebrafinken heute Mutationen oder Kombinationen der selbigen in den Schauregalen stehen, bei denen allein die Farbbeschreibung schon fast die Länge eines Zuchtberichtes erreicht – der Orangebrust/Schwarzbrust/Braun/gescheckt mit Haube in Gelbschnabel-Zebrafink wäre ein Beispiel dafür – ist die Vererbung der einzelnen Farbschläge unstrittig. Bei Gouldamadinen hingegen tauchen immer wieder neue Theorien zur Vererbung der Kopffarbe auf, als Beispiel sei der Bericht von Reichensperger in den AZN 9/2001 Anmerkung zu dem Artikel Farbvererbung bei den Gouldamadinen genannt. Zu der Vererbung der verschiedenen Mutationen, die in Züchterhand aufgetaucht sind, können wir hier keine Aussage machen, dafür gibt es genug Spezialisten, die sich mit dieser Materie beschäftigen. Erstaunt hat uns jedoch, wieder ein neues Modell zur Vererbung der Kopffarben in diesem Artikel zu entdecken. Sollte Southern (1945) und die Bibel der Prachtfinkenliebhaber Vögel in Käfig und Voliere/Prachtfinken von Immelmann et al. (1977) mit ihren Modellen völlig falsch gelegen haben? Nach Immelmann et al. (1977) liegt die Vererbung der Kopffarbe nicht auf einem autosomalen Chromosom sondern auf einem heterosomalen Chromosom, wobei rot über schwarz dominiert. Bei der gelbköpfigen Morphe handelt es sich nach Meinung dieser Autoren um eine eigenständige rezessive Mutation, die auf einem autosomalen Chromosom liegt und bewirkt, dass der Organismus keine rote Farbe mehr bilden kann. Auf diesem Modell beruht auch die Vererbung die Bielfeld 1997 in seinem Buch tabellarisch darstellt. Allerdings teilt er die beiden Mutationen in eine Dunkel-Mutante (rotköpfig und schwarzköpfig) und eine Hell-Mutante (gelbköpfig nicht gelbköpfig) auf. Unseres Erachtens ist der Kunstgriff nach Hell und Dunkel nicht notwendig und macht die Sache bei einer tabellarischen Darstellung mit Kürzeln nicht unbedingt einfacher: Ein rotköpfiges Männchen spalterbig in schwarzköpfig wird bei Bielfeld zum HHDd, wobei HH für nicht gelbköpfig, D für rotköpfig spalt in schwarzköpfig steht. Aber in der Sache stimmt Bielfeld mit der von Immelmann et al. (1977) angenommenen Vererbung überein.


    Als ob die Vererbung der Kopffarben nicht schon schwierig genug wäre, kommt im Freiland die schwazköpfige Morphe aller Genetik zum Trotz überproportional häufig vor. Allerdings lässt dies keine Rückschlüsse auf die zu erwartenden Nachzuchten in Liebhaberhand zu, zumal die Daten über die tatsächlichen zahlenmäßigen Verhältnisse alles andere als gesichert sind. So gibt Bielfeld (1977) ein Verhältnis von 3:1 (schwarzköpfig:rotköpfig) an, leider ohne die Quelle zu nennen, während Southern (1945) voraussagte, dass die rotköpfigen Männchen nahezu doppelt so häufig sein müssen wie rotköpfige Weibchen. Tatasächlich waren bei Museumsbälgen mehr rotköpfige Männchen vorhanden (Keast 1958, Evans & Fidler 1988 ). Noch 1987 äußerte sich Buckley verwundert darüber, dass es keine aussagekräftigen Studien über den Polymorphismus dieser Art im Freiland gibt. Die ersten aussagefähigen Daten, die sich speziell mit dem Polymorphismus und dem Verhältnis der einzelnen Morphen zueinander beschäftigen, stammen von Franklin & Dostine (2000). Sie zeigen, dass sowohl in der Gegend um Timer Creek als auch in den Yinberrie Hills lediglich 26,4% bzw. 25% der gefangenen Vögel rotköpfig waren. Der Anteil rotköpfiger Männchen wie Southern (1945) vorhergesagt hatte.

    Wir neigen zu der These, dass eigentlich rotköpfig Vögel im Freiland generell häufiger sein müssten, da rotköpfig dominant über schwarzköpfig ist. Es reicht schon ein rotes Gen aus und der Vogel ist rotköpfig. Genau diesem Sachverhalt versuchten wir im Rahmen einer mehrjährigen Untersuchung auf den Grund zu gehen: Warum gibt es so wenig rotköpfige Gouldamadinen im Freiland?

    Das zweite Modell aus jüngerer Zeit ist von Reichensperger, wonach schwazköpfig geschlechtsgebunden, Rotkopf und Gelbkopf autosomal vererben, wobei Rotkopf dominant über Gelbkopf ist.
    Welches Modell stimmt nun? Wir haben uns nun schon einige Jahre im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts mit der Gouldamadine beschäftigt und die Vererbung der Kopffarbe spielt bei der Zucht der Versuchsvögel für uns eine wichtige Rolle. Wir hatten bis jetzt nicht einen Fall, bei denen die Vererbung unserer Vögel das Modell von Immelmann et al. in Erklärungsnotstand gebracht hätte. In den nächsten Zeilen werden wir versuchen zu erklären, warum unserer Meinung nach das Modell von Immelmann et al. immer noch gültig ist.


    [IMG]http://img513.imageshack.us/img513/9598/1kkhe.jpg[/IMG] Stark gefärbtes Weibchen

    Das Modell von Immelmann
    Gehen wir also in die Zeit zurück, als nur eine Farbmorphe dieser Vogelart den australischen Kontinent bewohnte. Obwohl auf Grund der jetzigen Populationen der einzelnen Morphen der Schluss nahe liegen mag, dass es sich dabei um rotköpfige oder schwarzköpfige Gouldamadinen gehandelt haben müsste, ist es durchaus denkbar, dass evtl. sogar die gelbköpfige Morphe der Ursprung aller Gouldamadinen war. (Die größere Population der schwarzköpfigen kann dazu verführen, diese als Ausgangsform anzusehen, doch weiß man zu wenig, welchen Selektionsvorteil oder –nachteil die einzelnen Morphen für das Individuum bedeuten und wie sich dies auf die Farbverteilung in der Gesamtpopulation auswirkt bzw. ausgewirkt hat). Der Einfachheit halber gehen wir von dem Fall rotköpfig oder schwarzköpfig aus. Der Leser mag den Verlauf mit Gelbköpfigen oder Schwarzköpfigen mit gelber Schnabelspitze durchspielen, die Ergebnisse sind identisch.


    Gerhard Hofmann & Dr. Claudia Mettke-Hoffmann, Andechs
    Gefunden von H Halfmann in GW 11/012
    VCV, Heft 2003
    wiederentdeckt BoogieWoogie 2010
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  • Die Vererbung der Kopffarben ist doch eigentlich klar.
    1. Kopffarbe wird geschlechtsgebunden vererbt.
    2. Rot ist dominant gegenüber schwarz.
    3. Gelb wird unabhängig von rot oder schwarz vererbt und ist beidem gegenüber rezessiv und nicht geschlechtsgebunden.
    3.1 Schwarzköpfige Vögel mit gelber Schnabelspitze sind genetisch gelbköpfig.

    Somit sind Hennen immer reinerbig was Schwarz- oder Rotkopf angeht.
    Bei rotköpfigen Hähnen besteht die Möglichkeit der Spalterbigkeit in Schwarzkopf.
    Beide Geschlechter können spalterbig in Gelbkopf sein.
    :gouldians: Grüße aus Köln von Michael und der : :gouldians:
  • Vererbung der Kopffarben bei Gouldamadinen


    Teil 2

    Wir folgen hier der Argumentation von Immelmann et al. und gehen davon aus, dass rot- und schwarzköpfige auf dem Geschlechtschromosom vererbt wird und rot dominant über schwarz ist.

    Die einzelnen Hypothesen
    • 1. Wenn die Ausgangsform schwarzköpfig war, trat irgendwann auf dem Geschlechtschromosom eine dominante Mutation auf, die zum Ausfall der schwarzen Melanine in der Kopfmaske – und das ist wichtig: Nur der Kopfmaske! - führte. In diesem Fall wäre die Ursprungsfarbe Schwarzköpfig. Die Mutation Rotköpfig würde geschlechtsgebunden dominant gegenüber dieser Kopffarbe vererben.
    • 2. War die Ausgangsform Rotköpfig, trat irgendwann auf dem Geschlechtschromosom eine rezessive Mutation auf, die zum Einlagern der schwarzen Melanine in der Kopfmaske - und das ist wichtig: Nur der Kopfmaske! – führte. In diesem Fall wäre die Ursprungsfarbe Rotköpfig und die Mutation Schwarzköpfig würde geschlechtsgebunden rezessiv gegenüber dieser Kopffarbe vererben.

    Die Vererbung der schwarz- und rotköpfigen Morphe
    Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe. Die Mutation fand auf dem Geschlechtschromosom statt, die Vererbung ist demnach geschlechtsgebunden, rotköpfig ist dominant über schwarzköpfig und die Mutation betrifft nur die Kopffarbe. Wir haben mit dieser einen Mutation (vergleichbar einem Schalter, der ebenfalls nur zwei Zustände kennt) also die Wahl zwischen zwei Kopffarben – rot und schwarz. Rotköpfig wollen wir mit RK abkürzen (groß, da dominant) und Schwarzköpfig mit sk (klein, da rezessiv).

    Die verschiedenen Genotypen sehen wie folgt aus:
    Reinerbiges rotköpfiges Männchen wäre demnach – RK/RK
    Reinerbiges schwarzköpfiges Männchen wäre demnach – sk/sk
    Rotköpfiges Männchen spalterbig in schwarzköpfig – RK/sk
    Die Weibchen sind, da sie nur ein X-Chromosom tragen, immer reinebig.
    Rotköpfiges Weibchen – RK Schwarzköpfiges Weibchen – sk

    [IMG]http://img707.imageshack.us/img707/7162/2rkhahn.jpg[/IMG] Adultes Männchen Rotköpfig

    Verpaaren wir nun ein schwarzköpfiges Männchen mit einem rotköpfigen Weibchen so erhalten wir folgendes Ergebnis:
    Männchen sk/sk x Weibchen RK = 50% Männchen RK/sk 50% Weibchen sk
    Es ist das typische Beispiel einer geschlechtgebundenen Vererbung, die wir zB auch von braunen Zebrafinken kennen.

    Die Vererbung der gelbköpfigen Morphe
    Nun gehen wir weiter zur zweiten Mutation, die in Züchterhand Gelbköpfig genannt wird. Hier fängt die Sache an für viele Liebhaber verwirrend zu werden. Warum? Weil es eine eigentliche gelbköpfige Mutation nicht gibt!!! Die Kopffarbe ist, wie wir vorher festgestellten, auf dem Geschlechtschromosom kodiert mit den zwei Zuständen rot oder schwarz. Da dominat-rezessive Gene keine Mittelstellung haben, mit dem sich eine dritte Farbe kodieren ließe, müssen wir nach einer anderen Erklärung suchen.
    Wie entsteht die sogenannte gelbköpfige Mutation? Sie verändert nicht nur die Kopffarbe sondern führt dazu, dass die Carotiniode nicht in rotes Canthaxanthin umgewandelt werden (Brush & Seifried 1961 und – wichtig – das betrifft den kompletten Organismus und nicht nur die Kopffarbe. Das kann jeder selbst feststellen, wenn er sich zum Beispiel die Farbe der Schnabelspitze oder (wenn auch nur in abgeschwächter Form) die der Beine betrachtet. Der Träger dieser Ausfallmutation ist nicht mehr in der Lage, den roten Farbstoff zu bilden, unabhängig davon, wo sich die betreffende Stelle auf dem Vogelkörper befindet.
    Die Mutation kennt natürlich wiederum zwei Zustände, nämlich zum einen den Normalfall, dass die Carotinoide in rotes Canthaxanthin umgewandet werden können und die Ausfallmutarion, die dazu führt dass die rote Farbe nicht mehr gebildet werden kann.
    Diese Mutation vererbt autosomal rezessiv, sitzt also nicht auf dem Geschlechtschromosom und hat mit der Codierung der Kopffarbe nichts zu tun. Wir wollen die zwei Zustände dieser Mutation mit C (groß C, da dominant) für den Fall, dass rote Catotinoide (Farbe) gebildet werden können und mit c (klein c, da diese rezessiv) für den Fall nicht mehr gebildet werden können, abkürzen.
    Als Beweis für die autosomale rezessive Vererbung dieser Ausfallmutation kann die Verpaarung eines gelbköpfigen (RK/RK c/c) Männchens mit einem rotköpfigen (RK C/c) Weibchen, das spalterbig in der autosomalen Ausfallmutation ist, dienen.

    Männchen RK/RK c/c x Weibchen RK C/c ergibt:
    25% Männchen RK/RK C/c
    25% Männchen RK/RK c/c
    25% Weibchen RK C/c
    25% Weibchen RK c/c

    [IMG]http://img217.imageshack.us/img217/3601/3gkha.jpg[/IMG] Adultes Männchen Gelbköpfig

    Bei diesem Beispiel erhalten wir also Vögel beiderlei Geschlechts, die zum einen gelbköpfige (c/c) oder rotköpfig spalterbig (C/c) in der autosomalen Mutation sein können. Es ist ein typischer Fall einer autosomal rezessiven Vererbung.
    Mit diesen beiden Mutationen sind Gouldamadinen in der Lage, vier Farbmorphen zu zeigen. Den Züchtern, die mit PC und womöglich noch mit dem binären Zahlensystem vertraut sind, ist die Sache sicherlich vertraut, denn mit der binären Schreibweise lassen sich mit zwei Stellen vier verschiedene Zustände 00 01 10 11 beschreiben. Bei unseren Goulds entspricht dies den Kopffarben 1) rotköpfig, 2) schwarzköpfig, 3) gelbköpfig und 4) schwarzköpfig mit gelbem Schnabel.

    Den Genotyp von schwarz und rotköpfig hatten wir oben vereinfacht dargestellt, da aber auch schwarz- und rotköpfig an der Stelle der autosomalen Mutation einen Zustand haben müssen, werden wir die Tabelle erweitern.

    Der Genotyp eines reinerbigen rotköpfigen Männchens sieht demnach so aus:
    RK/RK C/C. Der Vogel ist in der Lage, rote Carotinoide zu bilden, der Schalter Carotinoid-Produktion steht auf C und der Schalter für die Kopffarbe steht auf rot (RK).

    Der Genotyp eines reinerbigen schwarzköpfigen Weibchens sieht folgendermaßen aus:
    sk C/C Der Vogel ist in der Lage, rote Carotinoide zu bilden (sichtbar an der roten Schnabelspitze), der Schalter für die Kopffarbe steht auf schwarz (sk).

    Der Genotyp eines reinerbigen gelbköpfigen Männchens sieht wie folgt aus:
    RK/RK c/c. Der Vogel ist nicht in der Lage, rote Carotinoide zu bilden (sichbar an der gelben Schnabelspitze und der gelben Kopfmaske), der Schalter Carotinoid-Produktion steht auf c und der Schalter für die Kopffarbe steht immer noch auf rot (RK). Da aber die Farbe Rot vom Vogel nicht mehr gebildet werden kann, zeigt der Phänotyp als Kopfmaskenfarben, das was noch möglich ist, nämlich gelb.



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  • Geduld war noch nie meine Stärke. Ich bin nur auf die Frage eingegangen:
    Welches Modell ist bei der Vererbung der Kopffarbe das wahrscheinlichste?
    Und wenn ich in meinem Beitrag Mist erzählt habe, dann steh´ ich vor ALLEN ganz schön blöd da :D ;) :!:
    :gouldians: Grüße aus Köln von Michael und der : :gouldians:

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  • Vererbung der Kopffarbe bei Gouldamadinen


    Teil 3

    Es gibt aber noch eine weitere Form des reinerbigen gelbköpfigen Männchens, nämlich die schwarzköpfigen Männchen mit gelber Schnabelspitze. Deren Genotyp sieht so aus: sk/sk c/c. Der Vogel ist wiederum nicht in der Lage, rote Carotinoide zu bilden (sichtbar an der gelben Schnabelspitze), der Schalter Carotinoid-Produktion steht auf c, aber der Schalter für die Kopffarbe steht jetzt auf schwarz (sk). Da die Farbe Rot vom Vogel nicht mehr gebildet werden kann, zeigt der Phänotyp eine gelbe Schnabelspitze. Als Kopfmaskenfarbe bleibt wiederum die Farbe, die ohne rot noch möglich ist, dieses mal schwarz. Warum schwarz? Der Schalter für Kopffarbe steht auf schwarz und die schwarze Kopffarbe isst auch ohne Beteiligung der roten Carotinoide möglich.

    Damit haben wir die vier phänotyposch möglichen Morphen der Gouldamadinen Männchen dargestellt. Bei den entsprechenden Weibchen ist eldiglich zu beachten, dass die Kopffarbe (RK oder sk) stehts reinerbig vorhanden ist, da Weibchen nur ein X-Chromosom tragen.

    Was die Sache sicherlich kompliziert macht, ist die Tatsache, dass man von der Gouldamadine keine Ursprungsform kennt, um die entsprechenden Mutationen werten zu können (beim Zebrafink zB die graue Form. Hier spricht man bei den Braunen von geschlechtsgebundener rezessiver Vererbung. Genauso richtig wäre aber auch zu sagen, dass grau gegenüber braun geschlechtsgebunden dominant vererbt, obwohl diese Auslegung sicherlich kein Züchter verwendet. Tatsächlich jedoch beschreiben wir auch wieder die zwei möglichen Zustände einer Mutation auf dem Geschlechtschromosom). Dies ist auch der Grund, warum reinerbig bei den Beschreibungen stets in italic steht. Jede der vier Fabrmorphen setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen – zum einem der geschlechtsgebundenen Mutation der Kopffarbe rotköpfig oder schwarzköpfig, zum anderen aus dem Zustand der autosomalen Mutation, die die Umwandlung der Nahrungscarotinoide in rotes Canthaxanthin betrifft. Welche Kombination die Ursprungsform der Gouldamadine war, die bei domestizierten Vogelarten wildfarbig genannt wird, ist nicht bekannt.

    Die weiteren Genotypen der Männchen und Weibchen seinen hier nur kurz erwähnt und lassen sich an Hand der obigen relativ leicht eintschlüsslen:
    • Ein rotköpfiges Männchen, das zwar noch rote Carotinoide bilden kann, aber schon spalterbig in der Ausfallmutation ist – (Rotköpfig spalterbig in gelbköpfig) RK/RK C/c;
    • Der selbe Fall bei einem schwarzköpfigen Männchen – sk/sk C/c;
    • Ein rotköpfiges Männchen, welches spalterbig in schwarzköpfig ist, sowie spalterbig in der Ausfallmutation der roten Carotinoide RK/sk/ C/c;
    • Interessant wird es beim nächsten Vogel, einem gelbköpfigen Männchen, das spalterbig in schwarzköpfig ist und bei dem die Ausfallmutation der roten Carotinoide doppelt vorhanden ist – RK/sk c/c;
    • Ein rotköpfiges Weibchen, das zwar noch rote Crotinoide bilden kann, aber schon spalterbig in der Ausfallmutation dafür ist (Rotköpfig spalterbig in gelbköpfig) RK C/c;
    • Derselbe Fall bei einem schwarzköpfigen Weibchen – sk C/c

    Das Modell von Reichensperger
    Bei dem Modell von Herrn Reichensperger gibt es ebenfalls zwei Mutationen. Zum einen die geschlechtsgebundene mit den beiden Zuständen HK und sk, zum anderen eine autosomale mit den beiden Zuständen RK und gk, wobei sk für schwarzköpfig, HK für hellköpfig, RK für rotköpfig und gk für gelbköpfig ist.
    Im Unterschied zu Reichensperger wird bei Immelmann et al. die Kopffarbe lediglich über die geschlechtgebundene Mutation kodiert. Die zweite, die autosomale Mutation, betrifft die Synthese der Nahrungscarotinoide zu Canthaxanthin. Sie hat nur insofern mit der Kopffarbe zu tun, als dort ebenfalls diese Farbstoff im Gefieder eingelagert wird und bei einem Ausfall dieses Farbstoffes dies nicht mehr möglich ist. Jedoch betrifft diese Mutation den gesamten Organismus. Ein Farbstoff, der vom Körper nicht mehr gebildet wird, kann natürlich auch nirgends mehr eingelagert werden, für uns deutlich zu sehen an der Schnabelspitze.
    Da Reichensperger als Hilfsmutation HK einführt und dies letztlich dem RK von Immelman et al. entspricht sowie sein RK dem C und sein gk dem c entspricht, kommen beide Modelle, was die phänotypisch zu erwartende Nachzucht anbetrifft, zu den gleichen Ergebnissen. Allerdings benötigt Reichensperger zwei Mutationen auf zwei verschiedenen Loci für die Kopffarbe Rot und Schwarz und zusätzlich noch ein hellköpfig als Ausfallmutation für schwarz.
    Ferner ist seine Bezeichnung gelbköpfig und rotköpfig sehr missverständlich, da sie, wie er selber beschreibt, nicht nur die Kopfmaske betrifft sondern auch andere Körperteile. Das Modell von Reichensperger ist zwar denkabr, in der Wissenschaft ist es aber allgemein üblich, das Modell zu favorisieren, bei dem die wenigsten Annahmen nötig sind.
    Demnach beschreibt lediglich das ältere Modell von Immelmann et al. den eigentlichen Sachverhalt nach heutigem Kenntnisstand (die zwei vorhandenen Mutationen, die
    1.) die Kopffarbe – und
    2.) die Carotinoid-Synthese betrifft) richtig.
    Es ist nicht notwendig, ein neues, kompliziertes Modell einzuführen. Was sicherlich von Nutzen wäre, ist eine eindeutige deutschsprachige Benennung der autosomalen Ausfallmutation, doch lässt sich auch mit der bisherigen Bschreibung des Phänotyps als gelbköpfig bzw. gelbköpfig-schwarzköpfig leben. Dabei ist lediglich zu bedenken, dass es sich wie oben erklärt, eben nicht um eine Mutation der Kopffarbe handelt sondern um einen Ausfall der roten Carotinoide, welcher den gesamten Körper betrifft. Die eigentlichen Kopffarben kommen erst in Kombination mit den zwei verschiedenen Zuständen (RK oder sk) der Kopffarbe zum Vorschein.

    Weitere Fragen und die Zukunft der Gouldamadine in Züchterhand
    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich unseres Erachtens fast unbemerkt eine weitere Mutation eingschlichen hat, die nahezu männchenfarbige Kopfmaske vieler Weibchen. Fanklin & Dostine (2000) klagen sogar darüber, dass selbst in den verschiedenen Bestimmungsbüchern diese Weibchen als Vorlage für die Zeichnungen verwendet werden. Bei Bestimmungsbüchern, die auf Fotos zurückgreifen, werden in fast allen Fällen Fotos verwendet, die Vögel in Liebhaberhand zeigen. Nach seiner Aussage hat er trotz jahrelanger Freilandforschung bis jetzt kein Weibchen entdeckt, das diesen Bildern in den Bestimmungsbüchern entspricht. Wir können seine Angaben nur bestätigen, die Weibchen im Freiland entsprechen in keiner Weise dem, was bei uns als attraktives Zuchtweibchen gilt. Vielmehr sind diese Vögel im Verhältnis zu unseren Zuchtvögeln viel blasser gefärbt, vor allem das Brustschild ist viel blasser gefärbt. Um wieder auf die Vererbung der Kopfmaske zurückzukommen; frei lebende Weibchen zeigen nur wenig Rot bzw. Gelb an der Kopfmaske. In diesem Zusammenhang wäre es interessant, wie sich diese Kopffärbung der Weibchen vererbt. Die ausgeprägte Kopfmaske ist häufig mit einem nahezu männchenfarbigen Brustschild gekoppelt. Sammut & Marshall (1991) schreiben, dass bei vielen rotköpfigen Weibchen, die aus den Verpaarungen Rotköpfig (Gelbköpfig) x Schwarzköpfig hervorgehen, der Anteil schwarzer Gefiederpartien in der Kopfmaske, größer ist. Ob aber tatsächlich das Verpaaren mit der schwarzen Morphe dafür verantwortlich ist, lässt sich bis jetzt noch nicht belegen. Es könnte durchaus sein, dass die verantwortliche Mutation im Bestand der Schwarzköpfigen Goulds einfach nur selten vorhanden ist, da hier natürlich keine Selektion auf eine Kopffarbe mit möglichst geringem Anteil von Schwarz stattfand.Interessant wäre auch zu wissen, ob und wie sich dieses Gen bei den Männchen auswirkt oder ob es, was bei Vögeln einmalig wäre, nur von Weibchen vererbt wird.

    Sind Standardbeschreibungen für Wildformen sinnvoll?
    Sicherlich ist auch die Überlegung gerechtfertigt, ob es richtig ist, diese Vogelart immer mehr in den engen Rahmen eines Ausstellungsstandards zu pressen, was letztlich dazu führt, dass die Käfigvögel mit ihren frei lebenden Artgenossen nur noch wenig gemein haben. Gerade bei frei lebenden Gouldamadinen ist die Variabilität im Phönotyp erheblich, gönnen wir und den Luxus diesen auch in unserer Volieren zu akzeptiern.


    [IMG]http://img831.imageshack.us/img831/7470/schlupf.jpg[/IMG]Jungvogel beim Schlupfen

    Weitere Untersuchungen sind in Bearbeitung
    Trotz der unglaublichen Popularität dieser Vogelart, gibt es noch genug Fragen, die es zu beantworten gibt. Wir untersuchen z.Zt. inwieweit sich die Kopffarbe auf die Fitness der Vögel auswirkt. Sind schwarzköpfige Gouldamadinen bzw. rotköpfige die spalterbig in Schwarzköpfig sind, wirklich vitaler als ihre rot- und gelbköpfigen Artgenossen wie Bielfeld (1977) schreibt? Oder waren nur seine Schwarzköpfigen besonders vital und rot- und gelbköpfige Vögel sind die eigentlich begünstigten, wie zB bei Halm (mündl.) und bei unserem Bestand? Eine Frage die sich nicht auf die Schnelle klären lässt, aber eine Frage bei deren Lösung wir Züchter erheblichen Anteil haben können. Der Fragenkatalog zu dieser Vogelart ließe sich nahezu beliebig erweitern. Gouldamadinen sind in vieler Hinsicht auch heute noch faszinierende Vögel, die noch manches Geheimnis vor uns verbergen, auch wenn der Schlüssel zur erfolgreichen Haltung und Zucht schon lange bekannt ist.


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